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Teil 2: I've got the blues, man. And I love it.

  • Autorenbild: Pierre Hame
    Pierre Hame
  • 4. Juni 2021
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 14. Juni 2021

Nach dem "Techtalk" über Gitarren und Amps, steige ich jetzt mal von der musikalischen Seite ein oder: warum ich höre was ich höre und wie ich mich an den Blues herantaste.

"Was hat der Pierre eigentlich dauernd mit dem Blues?" wird sich der eine oder andere Fragen. Die Basis habe ich meinen 13- und 15-Jahre älteren Geschwistern zu verdanken. Als ich 1970 auf die Welt kam, liefen bei den beiden die "richtigen Sachen".


Meine Geschwister hatten aber immer mal wieder die ungeliebte Aufgabe auf den kleinen Bruder aufpassen zu müssen. Und was macht man, wenn der Windelpuper keine Ruhe gibt und nicht "Heija" machen will? Man halt ihn bäuchlings über den Plattenspieler und spielt die Stones. Die Mischung aus hypnotischem Plattentellerkreiseln und den Riffs von "Mothers Little Helper" und "Brown Sugar" werden es wohl gewesen sein, die sich mir ins kleinkindliche Gehör und Hirn gebrannt haben. Ich konnte kaum gerade Sätze brabbeln aber "Sädischfäktschen" und "Tschumbing Tschäk Fläsch" waren gesetzt.


Da muss es wohl um mich geschehen sein. Während die Kinder meiner Altersklasse "Hänschen Klein" auf dem Kamm geblasen haben, war ich elektrisiert von dem was aus der kleinen Box des Schallplattenspielers der beiden kam.

Quelle: https://bliss-shop.ch/


"Lass die Schallplatten da, wo sie stehen und mach nichts kaputt"

Ganz klarer und strikter Zutrittsverbot zum DUAL Monoschallplattenspieler und den – vom sauer verdienten Taschengeld und Lehrlingsgehalt abgezwackten – Vinyljuwelen. Nun ja, allen Drohungen zum Trotz konnte ich von den grossen Scheiben nicht lassen. Hier das mit dem Reissverschluss, da das braune Cover mit dem Zeppelin und den Typen in langen Ledermänteln, dort die andere LP mit den Jungs die gegen einen Betonklotz gepinkelt hatten.


Die Buchstaben sagten mir nichts, aber nachdem der erste (Power-)Chord von "Whole Lotta Love" durchs Zimmer flogen, bin ich vor Schreck rausgerannt. Mit der nächsten Scheibe war der groove schleppender, der Mick Jagger sang da was von "Can You Hear Me Knocking". Titel und Gesang verstand ich nicht, aber die ersten 20 Sekunden des Songs mit dem dreckige Riff, das wars. Komische Orgelklänge, dann die Wucht einer Gitarre und ein Typ der der "Won't Get Fooled Again" schreit...Nadel wieder hoch und von vorne spielen... (Ooops, Kratzer rein gemacht... das gibt Ärger).


Das ist böse, aber es machte süchtig!

Feuerwehrmann, Polizist, Lokomotivführer...? Quatsch, so wie die Typen mit den langen Haaren wollte ich sein. Entweder mit Kippe im Mundwinkel oder am Gitarrenhals à la Ronnie Wood. So zumindest hat mein Bruder die Jungs für mich gezeichnet. Rock' n Roll war das. Und laut meinem Vater hätte man das doch auch bitte in Zimmerlautstärke spielen können. No way.


Mir war klar, "Männer" ist man, wenn man über die Jeanshosentasche den Daumen strecken kann und zwar so wie Rick Parfitt von Status Quo auf dem Cover von "Blue For You". Rummmmms – die Riffs knallen und ab geht der Gitarrenboogie. Seite 1 und Seite 2 und wieder von vorne. Platte aufklappen, da stehen sie in einem verrauchten Club und spielen live. Die Köpfe runter und Vollgas. Her mit dem alten Holz Tennisschläger, auf das Bett meines "Jugendzimmers" und damit auf meine Bühne.


Quelle: Musiksammler.de


Walking the crossroads to meet Robert Johnson

"Hootchie Cootchie Man", "Little Red Rooster", "The Pusher", "Black Limousine", "Smoke Stack Lightning", "Bring It On Home"... Himmel, die Liste ist endlos. irgendwann habe ich angefangen zu schauen wo die Wurzeln von all dem liegen: Muddy Waters, Robert Johnson, B.B. King, Bo Diddley, John Lee Hooker, Elmore James... Ok, noch mehr zum Durcharbeiten.


Ich war vielleicht 9 oder 10jährig, meine Plattensammlung klein und "HIFI" bedeutet für mich einen kleinen Stereo-Radio-Kassettenrekorder und einen Plattenspieler mit 2 Stereo Boxen vom Sperrmüll (das waren in den 70ern noch richtige Fundgruben). Mein damaliger Schwager war der Plattensammler vor dem Herren. Der Mann hatte alle Erstpressung der Stones, jede Menge grossartige Bands aus den 60ern und 70ern – u.a. Bad Company, Wishbone Ash, Copperhead – und alle in einem Zustand erster Güte. Die 2. Wahl (leichte Krümmungen der Pressung wurde da schon ausgemustert) durfte ich dann weiterverwerten.


Auf diesem Weg bin ich 1979 zu den damals noch wenig bekannten Dire Straits mit ihren unschlagbaren Klassikern "Dire Straits" und "Communiqué" gekommen. Der Gitarrenstil von Mark Knopfler war cool, swinging und anders. Aber mein Mann war Pick Withers am Schlagzeug. Bis heute ist der auf meiner Topliste der Schlagwerker.


So kam Bob Dylan über "Byrds play Dylan" in mein Leben, gefolgt von Led Zeppelin "Presence". Neben Rock war ich fasziniert vom schweren Vinyl der 50er und den Platten unsere Nachbarin, die diese noch mit dem Überseekoffer aus New York mitgebracht hatte: Henri Mancini "Breakfast at Tiffany's", Die Westside Story, Jazztrompeter die hier keiner kannte. Meine Schwester öffnete meine Ohren für grossartige Liedermacher und Chansonniers wie z.B. André Heller, Arik Brauer, Reinhard Mey, Charles Trenet, George Moustaki. Mit meiner Mutter hörte ich Rainhard Fendrich (und tus heute noch), Beethoven Symphonien, Helmut Qualtinger oder Willi Resetarits alias Ostbahnkurti.


Crossover ohne es zu wissen.


Irgendwann in meiner Schulzeit bin ich dann in einem Zeitschriftenladen über eine Musikzeitung (Gitarre & Bass) gestolpert. Eigentlich mehr wegen den Stickern drauf. Aber was "drin" war, hat mich in neue musikalische Sphären gebracht. Da waren auf einmal Typen mit 7-saitigen Gitarren (Steve Vai), Freaks, die sich mit Vivaldi auf der Gitarre warm gespielt haben (Yngwie Malmsteen) und das auf der Bühne so improvisiert haben, dass die Headbanger dachten, das wäre ein neues Speed Metal Stück. Dazu kamen Studiomusiker Grössen wie Steve Lukather, Pino Palladino, Manu Katché, uvm.


Der Typ da auf dem Cover mit dem Poncho, der runtergerockten Strat, der sah interessant aus. Der war anders wie die anderen 80-Jahre-Shredder, der war Texas Blues – irgendwas zwischen Hendrix und Billy Gibbons. Der war neu. Die Mukke musste ich haben! Sein Name war Stevie Ray Vaughan. Über Stevie bin ich zu seinem Bruder Jimmy Vaughn und den Fabulous Thunderbirds gekommen, dann bei Omar & The Howlers gelandet... schon wieder mehr zu schürfen als erwartet.


Ender der 80er und den zum Teil über produzierten Sounds, kamen mit Grunge und Retro Rock wieder spannende neue Gitarrenbands. Jeder nennt hier Guns'n'Roses, aber da waren viel spannendere Bands am Röhrenverstärker tätig, die weniger aus dem Schatten getreten sind, wie z.B. Little Ceasar, The Quireboys, The Black Crows, Hootie & The Blowfish.... ihr habt es schon geahnt, wieder stapelten sich Schallplatten, CDs und Kassetten neben meiner Stereoanlage. Diesmal von Opas Geld (es hätte ein Auto sein sollen...) die letzte der Braun Edition.





Ein echtes Brett und bis heute für mich eine Band, die in ihrer ganz eigenen Liga spielen: Living Colour! Jeder für sich voll individueller Klasse. Hierzu empfehle ich den Rig Rundown von Premier Guitars mit Vernon Reid (Gitarre) und Doug Wimbish (Bass). Mehr sag ich nicht!


"You don't know what it means to have the music in me..." (Eric Clapton, Spiral)

Typischerweise startet mein Tag mit SRF2 Kultur und viel Klassik, je nach Bedarf erweitert mit Jazz, Folk, Liedermacher, Instrumentalmusik, Classic Rock… Letztendlich muss es mich im Bauch oder im Herz erreichen. Es gibt genügend Bands, die hervorragende Musiker haben, technisch brillant sind aber mich nicht emotional packen. Aber das ist wie eine Lieblingsfarbe oder ein Lieblingsessen, das ist individuell und darüber kann man kaum streiten.


Viele sagen, dass ohne Elvis Presley und den Beatles das alles nicht ins Rollen gekommen wäre. Das glaube ich nicht ganz. Hätte es nicht die afrikanische Schlagzeugrhythmen gegeben, hätte es keinen Ginger Baker gegeben und Cream oder Blind Faith hätten nie das Licht der Rockwelt erblickt. Hätte es keinen Joseph Haydn – und den sollte man sich unbedingt anhören – gegeben, wären Beethoven und Mozart nur einfache Namen. Wären aus den Jazz Clubs in Harlem nicht BeBop und Swing als politisches Statement entstanden, hätte es keinen Funk oder Hip-Hop gegeben. Ebenso gilt das für den Blues. Die hier verwendeten Skalen, Bandings und Spielvarianten sind die Basis im Rock, im Metal oder in der Popmusik.


"Danke Streaming hört keiner mehr die kompletten Alben an – wirklich?

Das Argument der Kritiker, dass die Hörer von Spotify, Apple Music oder Amazon Music nur noch Einzeltitel hören, ist interessant. Ich höre mehr Alben und Künstler komplett als je zuvor. Je nach Umfang erstelle ich mir dann eigene Compilation Playlists.


Für alle die bis hierher gelesen haben und interessiert sind, hier einige meiner Spezial Playlisten mit allem, was ich so unter Blues & Jazz definiere.

Musiker die ich einfach und unvollständig hier hervorheben möchte:

Noch ein paar Schmankerl aus der Americana Ecke

Und einen, der vermutlich simple als das Musikgenie des 20. Jahrhunderts bezeichnet werden darf: Prince.


Die Liste könnte ich beliebig verlängern. Es gibt so viele gute Musiker und Musik, die leider kaum einen Platz im heutigen Mainstream Radio finden. Aber auch hier gibt es Sender wie egoFM, Deutschlandradio Kultur, hr2 Lounge oder SWR1 Kopfhörer, die hier und da alternativen bieten.

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Pierre Hame

 

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