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“Sixty meets Fivty Two” – Meine persönliche Verbindung mit den Rolling Stones.

  • Autorenbild: Pierre Hame
    Pierre Hame
  • 3. Apr. 2022
  • 8 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 26. Apr. 2022

Die dienstälteste Rockband feiert 60jähriges Jubiläum. Geehrt mit einer Briefmarkenserie in den UK. Das erste Mal ohne das Rückgrat Charlie Watts auf Tour.


Will this be "the Last Time" oder gilt das Motto “Don’t Stop”?

Gleich vorab, ich werde nicht die ganze Geschichte mit dem legendären Treffen von Keith und Mick an der Dartford Station aufwärmen. Auch werde ich kein Loblied auf die wahren und einzigen Stones der 60iger absingen.

Ich selbst bin 1970 geboren, als die Beatles das Handtuch geworfen und die Stones mit Mick Taylor den Sound geschaffen haben, der heute noch ihr Markenzeichen ist.


Die rollenden Steine waren schon da, sich erst das Licht der Welt erblickt. Aber sie hatten mich – laut meiner älteren Geschwister – gleich in ihren Bann gezogen (siehe Blogbeitrag Teil 1: I've got the blues....).


Was ist es, dass mich bis heute fasziniert, mir den Blues gibt oder mit den trocken Riffs in den gute Laune Modus versetzt? Was hat diese Band, deren musikalisches Repertoire nicht von grossartigen Solos, brillanten Popmelodien oder grandiosen orchestralen Klangerlebnissen lebt?


Die Fab Four waren die mit den schönen und technisch fein ausgearbeiteten Melodien. Die Stones, das ist die Ware die sleezy und sticky ist. Das ist was man hören will, wenn man verstehen will was Open G Tuning ist und wie eine Gitarre am Marshall Amp klingen muss, damit man von Blues-Rock spricht.

Sie haben das Image der Rock’n Roll Bad Boys gepflegt, durch 70er Glam und 80er Jet Set veredelt. Jeder Akkord ist Sex. Jedes tänzelnde Zucken von Jagger elektrisch geladener Voodoo. Jeder eins-hinter-dem-Groove gespielte Takt von Watts gibt den Songs den bestimmten Swing. Jedes verwobene Riff wie eine musikalische Skulptur. Oder with Keith Richards in einem Interview sagte: “Solis kommen und gehen, Riffs bleiben für die Ewigkeit”.

“Die Beatles wollen Händchen halten, die Stones Deine Stadt abfackeln” Tom Wolfe


(Quelle:Aubrey Powell / Universal Music Group)


Heimweh, Liebeskummer, Todesfälle, Stress mit den Eltern, sitzengeblieben in der Schule, Probleme in der Beziehung, weit weg am Flughafen oder in einsamen Hotelzimmern, Druck im Geschäft, Langweile, stundenlang auf der Autobahn oder im Zug unterwegs … Stones auf den Plattenteller, im Walkman, im iPod, …. Die Rolling Stones im Ohr und die Welt ist in diesem Moment so wie sie für mich sein muss. Die Mixtapes und Playlisten kann ich schon gar nicht mehr beziffern, die ich für mich, meine Familie oder meine Freunde zusammengestellt habe.


Als kleiner Bub wusste ich nicht, dass Brian Jones in seinem Pool ertrunken war. Ich kannte Mick Taylor noch nicht, der mit seiner feinen Art und fein geführter Six String – kommend von John Mayall's Bluesbreakers und mit dem Swing in der Gibson SG uns Les Paul – den Sound nachhaltig beeinflussen würde. Ich hatte gerade lesen gelernt, als Ronnie Wood der ewig Neue die Leadgitarre übernahm. Das hatte ich mir alles erst viele Jahre später angelesen.



(Quelle: FAZ.net)


Sticky Fingers”, “let it Bleed” und "Beggars Banquet" hatte ich von meinen Geschwistern geerbt. ”Tattoo You” hatte ich mir quasi vom Mund abgespart und anschliessend dünn und durchsichtig gehört. Einen Plattenspieler gab es nur im Wohnzimmer meiner Eltern. Ich hatte mir später einen kleinen Schallplattenspieler mit Boxen vom Sperrmüll organisiert. Also Kopfhörer auf, rein mit dem Sound, Augen zu, den eigenen Wunschfilm im Kopf zum Soundtrack laufen lassen. Bis heute sind das meine Lieblingsplatten meiner Hausband: “Let It Bleed”, “Sticky Fingers”, “Tattoo You”, “Steel Wheels” oder “Bridges to Babylon”. Dazu später mehr, inkl. Links.

Bis Ende der 70er kam fast konstant jährlich eine neue Stones LP auf den Markt. Klassiker wie "Exile on Mainstreet", "It's only Rock'n Roll" oder "Some Girls" zeugen von dem grossen Sound dieser Ära.


Anfang der 80er drehte sich etwas. Dann hat es gekracht. Mick Jagger hatte bereits seine Solokarriere geplant und mit der Crème de la Crème der 80iger Studiomusiker Szene eine Platte auf den Markt geworfen. Er müsse ohne den Ballast der Band, der “Mühlsteine” wie er sie nannte, arbeiten. Wer wollte es ihm vergönnen. Er hatte nach Keef Riffards Unzuverlässigkeit und Drogeneskapaden mehrheitlich die Band gemanaged, teuer verkauft und im Business gehalten. Zudem hatte er verstanden, dass mit der x-ten Ausgabe einer Bluesplatte kein Staat zu machen ist, sondern der Ursound der rollenden Steine auch hier und da dem Zeitgeist angepasst werden muss. Mr Richards hatte das nicht verstanden. Nach seiner Vorstellung gab es nur diese – für ihn beste – Band der Welt. Und die lässt man nur mit den Füssen voraus hinter sich. Der “3. Weltkrieg” (O-Ton Richards) war zwischen den beiden ausgebrochen. Bill Wyman mehr mit neuen Liebschaften beschäftigt, Charlies Watts nach Jahren der Selbstkontrolle ebenfalls ein Junkie, Ron Wood im Alkohol und Nebenprojekten beschäftigt.


Undercover of the Night” mit einem sehr untypischen Sound, dem funkigen Opener und den dazu opulent produzierten Videofilmen war für die eingefleischten Stones-Anhänger schwere Kost und für mich spannend.



(Quelle: www.mickjagger.com


Die Interviewgefechte zwischen den Glimmer Twins im Rolling Stone Magazin waren Dallas und Denver Clan verdächtig. Irgendwann kam sogar das Gerücht auf, dass Jagger mit den Mietmusikern als Mick Jagger & the Rolling Stones Band auf Tour gehen würde, während sich die restlichen Stones überlegt hätten Terence Trent D’arby als Mick-Ersatz einzukaufen. Ersteres gab es, allerdings nur in Australien und Japan. Letzteres waren Fake News. Ersteres hatte dem mittlerweile Clean-gestrickten Keith die Dachlatte rausgehauen.


Wenn schon keine regelmässigen Stones Alben, dann eben “She’s The Boss” oder “Primitive Cool” mit Micky Jagaro und so illustren Musikern wie Jeff Beck, Nile Rogers, Pete Townsend, Simon Phillips, Herbie Hancock & Co.


(Quelle: GQ Magazine)


Keith konterte mit “Talk is Cheap” uns seiner neuen Alternativband X-Pensive Winos rund um Steve Jorda, Ivan Neville und Waddy Wachtel. Bang, der Mann war am Start, die Band klang wie die Stones in den 70igern und “Take It So Hard” und “How I Wish” wären anstandslos als Stones-Klassiker durchgegangen. Somit Stand Pop-Sound gegen Blues-/Chuck Berry Sounds. Mir hat beides gefallen und lief auf den Musikkassetten rauf und runter. Mit der ersten Braun-Stereoanlage oder später im Auto. Heute immer noch geschätzte Ewigklassiker


Das wars jetzt? Meine Jungs zerstritten? Vorbei?


Harlem Shuffle” – Hah, da waren sie doch wieder! Oh, das klang cool, das klang nach Soul, das was die Stones immer hatten. Ok, ich war 16jährig und wusste nicht, dass das ein Coversong (Original: Bob & Earl) war, den sich Keith immer gewünscht hatte. Aber das klang gut und es hiess, einen neue Stones Platte würde komme. Ok, "Weltkrieg" vorbei, alles wird gut Pierre, die 5 aus dem Bluesland sind wieder für Dich da. Nicht ganz, wie ich später erfahren durfte.


Dirty Works”. Der Titel war Programm. Keith Riffmeister war wieder aboard, wollte wieder mit der Band arbeiten. Den ganzen 80iger Sound der anderen Band interessierte ihn nicht. Also, neue Produzent (Steve Lillywhite) her, frischer Wind rein. Business as usual also? Nicht ganz. “One Hit To The Body" heute ein Überklassiker, den sie deutlich öfter Live spielen sollten. Der Titeltrack “Dirty Works” ein Hammer Punk-Riff. In beiden Songs spielt Jimmy Page die Solo- und Leadgitarre, während Ron Wood am Bass aushilft. Für LP-Hörer: die 2. Seite hat eine Menge guter Songs. Hätte man weiter mit Chris Krimsey und Bob Clearmountain gearbeitet, wären sie meiner Meinung nach noch besser gewesen.


(Quelle: https://nightswithalicecooper.com/)


Viele schreiben und bewerten “Dirty Works” als das schlechteste Stones Album aller Zeiten. Dem widerspreche ich entschlossen! “Their Satanic Majesties” (anhörbar: "She's a Rainbow", "2000 man") oder “Black and Blue” (anhörbar: "Hand of Faith", "Melody") haben deutlich weniger brauchbares Songpotential, noch ist der Sound der beiden Platten überragend. Beide sind bleischwer bis unerträglich in den Ohren. Interessanterweise werden sie oft als “Klassiker” bezeichnet.


Die 1980er Jahre kam langsam zum Ende. Mit plattgebügelten und überproduzierten Alben war Schluss. Am Horizont kamen die L.A.-Rocker à la Guns & Roses oder Little Caesar zum Vorschein, Mit Living Colour schien eine neue Band mit Crossover Rocksounds von einem anderen Planeten bei uns zu landen und Grunge bracht wieder Gitarrenriffs mit fetten Amps und analogen Aufnahmen an den Start.


Wo waren die Stones?


Yep, in der Wiedervereinigungsphase und am Zusammenstellen einer der für mich besten Best-Of Platten aus neuen Songs: “Steel Wheels”. Warum ich diese LP liebe? 1. Die “Buben” waren wieder zusammen und schrieben neues Material, 2. damit war klar, dass eine neue Live Tour anstehen würde und ich endlich, 19jährig, meine Helden sehen können dürfte. (Anspieltipps: "Sad Sad Sad", "Heart for Sale", "Break the Spell", "Slipping Away")


Warm “Best-Of”? Für mich ist “Steel Wheels” eine gelungene Mischung aus all den Musikstilen, die die Band immer irgendwie mit ihrem eigenen Sound kombiniert hat: Blues, Soul, Rock’n Roll, tanzbare funky Sounds, Balladen und Folksongs. Eine Verneigung vor dem nicht ganz 30jährigen Bandbestehen.



Weniger Studioalben dafür bombastische Livetouren


Flashpoint” (siehe gleichnamiges Livealbum zur “Steel Wheels/Urban Jungle” Tour) hiermit starten die Rolling Stones in die 90er und ich ins Berufsleben. Ohne Bill Wyman, der keine Lust mehr hatte auf langen Touren durch die Welt reisen zu müssen (angeblich wurde er beim Fliegen immer Seekrank), dafür gestärkt mit einer gut geölten Liveband starteten die verbliebenen Hauptmitglieder.


Mit “Voodoo Lounge” (Anspieltipps: "Love Is Strong", "The Worst", "Moon is Up", "Sweathearts Together", "Blinded By Rainbows"), “Stripped” (Anpsieltipps: "The Spider And The Fly", "I'm Free", "Love in Vain") "und mit der 90er Ausgabe der "Exil" “Bridges to Babylon” (Anspieltipps: "Low Down", "You Don't Have To Mean It", "Out of Controll", "Saint of Me", "How Can I Stop") fulminant in das neue Jahrzehnt. Das Songpotential der 3 Alben alleine kompensiert, dass die Herren nicht mehr ein- oder zweijährig neue Platten produziert hatten.


Garniert mit ebenso guten Soloalben der vier Bandkollegen konnte sich der geneigte Fan nicht beschweren. (Mick Jagger "Wandering Spirit", Keith Richards "Main Offender", Ron Wood "Slide On This", Charlie Watts "Long Ago & Far Away").


Die genannte Platten haben immer noch die gleich Seele und sind immer ein cleverer Mix aus neuen Ideen, dem Trend zu Retrosounds und dem stetig wachsenden Interesse einer jungen Generation die Bands Ihrer Eltern und ggf. Grosseltern und damit die Götter des Blues & Rock erleben zu können


Kommerzialisierung vs “echtem” Rock’n Roll – geht das? Klar, für mich auf jeden Fall!


Monströse Bühnen und gigantische Soundanlagen waren jetzt das Markenzeichen. Die Rolling Stones Ltd – genau genommen eine steueroptimierte B.V im schönen Amsterdam – hatte und hat natürlich nichts mehr mit der einstigen “verlausten” Band von anno 1962 zu tun. Die Geschäftsleitung rund um Herrn Jagger und Herrn Richards hat verstanden, dass die grosse Zunge mit anhängenden Songrechten, Merchandising, Liveeinnahmen und Backkatalog das Asset ist, dass es zu verwalten und vermehren gilt.

Neben der Musik hat das Stones Management es schnell verstanden, dass interaktive CD-ROMs, Websites, Communities, Apps und Social Media das Ding sind, über die “Storytelling” betrieben werden muss. Aus dem einstigen Muster Single-Langspielplatte-Livetour wurde jetzt Livetouring garniert mit aufwendige PR, Collectibles und Merchandising. Im besten Fall eine Greatest Hits Box oder Livemitschnitte auf DVD.


(Quelle: Rolling Stone)


2000 Lightyears and more


Mit der rohen “Bigger Bang” und dem wiedergenesene Charlie Watts im "Engine Room" traten die Stones die 2000er an. (Anspieltipps: "Rough Justice", "Back Of My Hand", "Biggest Mistake", "Laugh, I Nearly Died").


Gekrönt mit einer weltumspannenden, gleichnamigen Mega-Tour spielten Sie nicht nur massive Einnahmen sondern auch Rekorde ein, wie z.Bsp. das grösste Open Air der Welt in Rio de Janeiro.


Die Band trat kürzer mit neuen Veröffentlichungen. Mehrheitlich wurden Greatest Hits Silberlinge als Basis für weitere Touren genutzt. Die gelungene Verbeugung vor den Blues Vorbildern mit der Coverplatte “Blue and Lonesome” (Anspieltipps: "I Gotta Go", "Hate To See You Go", "Little Rain"), haben die Bad Boys den Reigen zur Ihrer Bandengründung fast geschlossen.


Durch Compilations und Jubiläumsboxen mit unveröffentlichtem Material kommen weiterhin Leckerbissen aus der vormals britischen Musikküche. Ein Nugget findet sich überall. Grosse Klassiker haben sie bereits geschrieben. Der Stones-Sammler freut sich und hofft es hört nicht auf. Meine Spotify-Stones-Listen füllen sich.


Einen Joker haben sie noch: die neue, scheinbar längst fertige und noch mit Swinging Charlie eingespielte Studioscheibe. Wir bleiben gespannt.


Jetzt also “Sixty” ohne den menschlich so grossartigen Charlie Watts oder dem langjährigen Saxophonisten Bobby Keys. Was man auf YouTube sehen kann, sind die Herren Jagger, Richards und Wood in sehr guter Form. Alkohol und Zigaretten wurden gegen vegane Kost und ärztliche Topversorgung getauscht. Ich freue mich – wenn auch unverschämt teuer – auf den Sommer mit den alten Helden.

Wars das jetzt?


Wenn dem so wäre, dann wäre das ein sehr komisches Gefühl für mich. “Die waren schon da, als Du gerade auf die Welt kamst.” O-Ton meines Bruders. Was ist wenn sie nach der Tour einfach nicht weitermachen? Dann bleiben eine Menge Collectibles, vermutlich noch Re-Releases, Livemitschnitte, der Shop in der Carnaby Street, Musik mit vielen Bildern im Kopf, eine unglaubliche Musikgeschichte von fetten 60 Jahren und Riffs für die Ewigkeit.


Boys, we see each other soon on stage…..


... bis dahin eine kleine Auswahl meiner Stones, Jagger & Richards playlists hier:






(Quelle: https://rollingstones.com/)

 
 
 

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